Wer im Job unzufrieden ist, kann nicht die Leistung bringen, die er zu bringen imstande wäre. Wer reißt sich schon die sprichwörtlichen „Haxen“ aus, wenn die Rahmenbedingungen eine Zumutung sind und man das Gefühl hat, dass viel genommen und viel zu wenig gegeben wird? Unzufriedenheit bremst die Motivation und die Produktivität, sorgt für ein schlechtes Betriebsklima und schwächt das Unternehmen als Ganzes. Das liegt auf der Hand und wird auch durch sämtliche Studien untermauert.
Aber gilt auch der Umkehrschluss – Wer zufrieden ist, ist auch engagiert? Nicht unbedingt – und eigentlich schon per definitionem ein Widerspruch: Duden: „zufrieden – sich mit dem Gegebenen, den gegebenen Umständen, Verhältnissen in Einklang befindend und daher innerlich ausgeglichen und keine Veränderung der Umstände wünschend“ Oder vielleicht noch treffender die Erklärung des DWDS (Digitales Wörterbuch der Deutschen Sprache) – „mit dem Gegebenen, den Verhältnissen und Bedingungen, dem Vorhandenen und Erreichten einverstanden, ohne besondere Wünsche, befriedigt“
Das kann es nicht sein, was sich Arbeitgeber wünschen: Mitarbeiter, die vollkommen satt sind, die sich zurücklehnen und sich nur ja nicht bewegen wollen; deren oberstes Ziel es ist, dass alles genau so bleibt wie es ist. Wie kommt es dazu, dass diese unmittelbare Verbindung zwischen Zufriedenheit und Leistungskraft hergestellt wird?
Ehrlicherweise ist es weder das zentrale Anliegen noch die Aufgabe des Arbeitgebers, die Mitarbeiter zufriedenzustellen.
Natürlich spricht nichts dagegen, die Bedürfnisse der Mitarbeiter ernst und wichtig zu nehmen und dafür auch großen Aufwand zu betreiben – ganz im Gegenteil. Allerdings geschieht dies wohl selten ohne Hintergedanken – ohne die Erwartung, dass im Gegenzug Höchstleistung erbracht wird.
Hinter dem Streben nach Mitarbeiterzufriedenheit verbirgt sich die implizite Forderung von Engagement.
Mitunter stellen genau die, die sich „glückliche und zufriedene Mitarbeiter“ auf die Fahnen heften – die mit den besten Unterkünften, dem besten Mitarbeiteressen und der höchsten Wertschätzung punkten wollen – die härtesten Arbeitsbedingungen und sind zudem noch beleidigt, wenn ihnen nicht die ihnen gebührende Dankbarkeit entgegengebracht wird. Die Wahrheit über Arbeitsatmosphäre und Führungsqualitäten kommt jedoch in Zeiten von Social Media und Feedback-Plattformen sehr schnell ans Licht, und hier zeigt sich oft ein ganz anderes Bild als das, was im Recruiting propagiert wird. Je lauter „happy staff“ getönt wird, umso größer ist schlussendlich die Ernüchterung, wenn das scheinbar großzügige Angebot doch an veraltete Führungsmethoden von Zuckerbrot und Peitsche geknüpft ist.
Mitarbeiterzufriedenheit per se als oberste Prämisse zu postulieren ist unaufrichtig und sorgt für beiderseitige Ent-Täuschungen. Das muss nicht sein, wenn von vornherein offen kommuniziert und explizit über die gegenseitige Erwartungshaltung gesprochen wird.
Die Aufgabe als Arbeitgeber besteht darin, die optimalen Voraussetzungen für Leistungskraft zu schaffen, die Mitarbeiter in ihrer Selbstwirksamkeit zu unterstützen, ihnen die Möglichkeit und immer wieder Ansporn zu geben, mit all ihrem KnowHow, ihren Stärken und Fähigkeiten im Job erfolgreich zu sein – egal in welcher Position.
Mitarbeiterzufriedenheit und -engagement können nicht unabhängig voneinander gemessen werden.
Die Wahrheit ist: Wir wollen keine „zufriedenen“ Mitarbeiter, sondern ambitionierte, dynamische und zielstrebige Mitarbeiter, die Leistung bringen können (und wollen!); deren Bedürfnis es ist, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln und mit dem Unternehmen zusammen zu wachsen. Nur bei korrelierender Steigerung kommt es zur Win-Win-Situation und die Aufwärtsspirale von Zufriedenheit und Engagement wird in Gang gesetzt.